Dein Neurologe – warum eine gute Beziehung wichtig ist

Neulich habe ich auf MS-Begleiter.de darüber geschrieben, wie ich einmal trotz Beschwerden nicht zu meiner Neurologin gegangen bin. (Dieser Blogbeitrag ist eine Fortsetzung von „Kontrolletti, Kontrolleti“)

Da habe ich noch nicht einmal in der Neuro-Praxis angerufen, obwohl das Symptom „Gangprobleme“ in meiner MS-Palette echt ungewöhnlich ist.

Wie kam das?

An einem vorhergehenden Termin wollte ich mich mit meiner Neurologin über die Bedingungen für einen Schwerbehindertenausweis sprechen. Klar hatte ich mich vorher schon oft gefragt: Bin ich dafür überhaupt behindert genug? Es geht doch anderen viel schlechter – warum sollte ausgerechnet mir ein Behindertengrad zugesprochen werden? Also ganz viele Fragen, die schnell in Selbstzweifeln münden.

  • Wie kommst du denn auf die Idee – schwerbehindert – geht’s noch?
  • Warum willst du denn jetzt diesen Antrag stellen – was bringt dir das denn in deiner Selbstständigkeit??
  • Was denkt deine Neurologin, wenn du sie jetzt mit dieser Schnapsidee belästigst – und dabei locker auf deinen Beinen in die Praxis marschierst?
  • Klar hast du neben der MS noch andere Erkrankungen – aber trotzdem geht’s doch allen anderen auf jeden Fall noch viel schlechter.
  • Und willst du echt, sobald du einen ausreichenden Behindertengrad hast, dir sofort eine Festanstellung suchen?

Und so weiter …

Um nur einen Einblick zu geben in meinen Gemütszustand, als ich das letzte Mal bei meiner Neurologin war. Dementsprechend war dann sicherlich auch meine Ausstrahlung und meine Kommunikation mit ihr. Das konnte nur schiefgehen. Denn wer mental so angeschlagen ist, wie ich es da war, kann selbst auch nicht zielführend kommunizieren. Das Gespräch und dessen Stimmung waren zum Scheitern verurteilt.

Wenn ein Gefühl vom Anruf beim Arzt abhält

Diese Grundhaltung, die gedanklich fleißig in mit weitergearbeitet hat, war immer noch da, als mir auf einmal das Gehen schwerfiel. Noch nicht einmal mit dem Fahrrad konnte ich fahren – meine Mobilität war voll eingeschränkt. Das hätte nun wirklich ein Schub sein können. Doch ich machte alles mit mir selbst aus: Das ist nur die Hitze! Übertreib mal nicht! Lieber nicht anrufen, die Ärztin findet dich sowieso zimperlich. Und so weiter.

Also schlich ich meines Weges, litt darunter, bat aber nicht um Hilfe. Das fühlte sich echt mies an. Wie ich jetzt weiß, war das total falsch. Ein Anruf in der Neuro-Praxis wäre absolut angemessen gewesen. Allein merkwürdige Gedanken hielten mich vom richtigen Handeln ab.

Eine zweite Chance

Inzwischen hatte ich tatsächlich den Antrag auf einen Behindertengrad gestellt – und gemäß dem Prozedere hatte die Neurologin Post vom Versorgungsamt bekommen. Sie rief mich deshalb an, ein Zeichen, dass sie mich wider Erwarten ernst genommen hatte! – Umdenken – .

Sie wollte von mir wissen, welche meiner Beschwerden Sie dem Amt für die Bearbeitung nennen sollte. Sie hatte ein offenes Ohr für mich und merkte sogar auf, als ich ihr von den Problemen beim Laufen berichtete. Sie fragte ganz genau nach und redete mir ins Gewissen: Mit so etwas soll ich mich das nächste Mal bitte unbedingt melden und einen Termin ausmachen. Es hätte ein Schub sein können …

Da ich aber inzwischen wieder normal laufen konnte, war sie auch davon überzeugt, dass es ein Hitzeproblem gewesen war. Ich sage nur: doppeltes PUUUH!

Denn jetzt empfinde ich unser Verhältnis wieder als gut, was mich in Wahrheit ziemlich erleichtert.

Sorg also immer für ein transparentes und vertrauensvolles Verhältnis zu deinem Neurologen!

Hattest du auch schon mal so eine Sinnkrise – oder eine gestörte Arzt-Patienten-Beziehung zu deinem/deiner Neuro?

Ich freue mich auf deinen Kommentar!

One thought on “Dein Neurologe – warum eine gute Beziehung wichtig ist

  1. Ich bin so froh, dass ich auf Anhieb “die richtige” gefunden habe! Sie nimmt sich Zeit, mich ernst und ist auch offen, mit mir zusammen die für mich beste Behandlung zu finden, statt mir zu sagen, dass ich XYZ machen/nehmen soll/dies und jenes Quatsch ist usw. Als ich meine Diagnose bekommen habe, kam kurz darauf das Buch von Prof. Jelinek auf deutsch heraus, und ich konnte mit ihr nicht nur über das, was im Buch steht, sprechen, sondern sie ist auch ganz interessiert, wie es mir mit der pflanzlichen Ernährung, den hohen Vitamin D-Dosen usw. geht. Ich habe bei ihr noch nie das Gefühl gehabt, dass ich mich mal nicht so anstellen soll, weil es den meisten doch wesentlich schlechter mit der MS geht (was tatsächlich so ist). Wahrscheinlich wäre sie nicht begeistert, wenn ich keine Medikamente mehr nehmen wollen würde, aber so, wie es bisher lief, fänden wir dann sicher auch eine Lösung, mit der wir beide gut klarkämen.

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